Kennen Sie Aesop?

Aesop lebte gegen 600 v. C. im alten Griechenland. Er soll Sklave gewesen sein. Damals und leider auch in unserer Zeit, kein seltenes Schicksal. Er war einer der ersten, wenn nicht der Erste überhaupt, der das Erzählerische für sich entdeckt hat, das Narrative, um Menschen etwas zu erklären. Die Fabelkunst. Andere bekannte Namen in der Liste derer, die diesen Erzählstil für sich entdeckten und praktizierten waren Jesus (mit seinen Allegorien oder Gleichnissen) und in der Neuzeit Donald Trump, der in seinen Reden gerne einen Schwank aus seiner wunderbaren Jugend mit einstreut.

Bei dieser Art der Kommunikation, ist es besonders wichtig Geschichten zu erzählen. Jesus machte im Grunde nichts anderes, als Trump heute; Absichtsvoll unterhaltsame Abenteuer zum Besten geben. Bei dieser Art der Kommunikation kommt es nicht sehr auf die Wahrheit und Genauigkeit an, sondern viel mehr auf den Grad der Unterhaltung. Den Rest besorgt schon die Phantasie der Zuhörer. Die Geschichten müssen beim Hörer ein Gefühl des Wiedererkennens hervorrufen, er darf schmunzeln oder lächeln und es ist fast immer ein offenbarender Anteil dabei. Der Hörer unterhält sich und lernt etwas.

Der Ziegenjunge

Eine von Aesops Geschichten handelt von einem Ziegenjungen, der oben auf dem Berg seine Ziegen hütet. Ihm ist langweilig. Total langweilig. Kinder wollen spielen, laufen, andere Kinder necken, Mädchen an den Haaren ziehen und Jungs mit unerklärlichen Blicken in Verwirrung stürzen, aber nicht sitzen und zuschauen wie eine Herde Ziegen Gras frisst, kackt, wiederkäut und sich begattet.

Der junge Ziegenhirte überlegt was er machen kann, um seine Langeweile zu vertreiben. Dabei schaut er versonnen auf die Häuser des Dorfes weit unten im Tal. Es ist später Nachmittag, als ihm die rettende Idee kommt.  

“Wolf, Wolf”, ruft er und dann mit immer lauter werdender Stimme: “So kommt zu Hilfe, Wolf, Wolf”.

Und die Leute kommen, um ihm zu helfen. Schnaubend laufen sie den Berg hoch, in den Händen als Waffe das, was sie gerade gefunden haben: Der Bäcker seine Schaufel, Der Fleischer sein Messer und der Zimmermann seine Säge, Besen, oder Stock.

Statt des fürchterlichen Wolfs, finden sie den frechen Jungen, der sie auslacht. Er hätte nur einen Witz machen wollen, sagt er sodann. Um seine Langeweile zu vertreiben und wundert sich, dass die aufgebrachten Bewohner es nicht lustig finden.

Natürlich macht er das noch einmal und noch einmal. So sind Ziegenjungen nun einmal. Und jedes Mal lassen die Menschen ihre Arbeit liegen und rennen den Berg hoch, um dem Jungen zu helfen. Und jedes Mal werden sie ausgelacht.

Und dann, als der Wolf wirklich über seine Herde herfällt, kommt keiner. Die verärgerten und nicht mehr hilfsbereiten Bewohner denken, er würde wieder einen Witz machen, um seine Langeweile zu vertreiben und sie verspotten. Also winken sie nur ab und lassen den Wolf genüsslich die Herde des, diesmal zu Recht, schreienden Ziegenjungen zerfleischen.

Pandemie und die WHO

Pandemie ist übrigens ein griechisches Wort, was sonst?, das aus Pan und Demos besteht. Pan bedeutet ganz oder völlig und Demos steht für Volk (Demokratie). Also etwas, das das gesamte Volk betrifft. Arm und reich, jung und alt. Wirklich alle.

So war es vielleicht auch mit den Pandemien in unserer Zeit. Mit steter Regelmäßigkeit werden wir jedes Jahr von der WHO vor einer Pandemie gewarnt, die dann doch nicht eintritt, oder nur im ganz begrenzten Raum, irgendwo weit unter „ferner liefen“.

Erinnert Ihr euch an die vergessenen „Pandemien“ wie Cholera (2008, 2010 und 2016), Ebola (2018), Schweinegrippe 2009/2010, 2015) oder SARS?
Vielleicht 70 Menschen sind an Ebola in Afrika, oder 200 an Schweinegrippe im dicht bevölkerten Asien gestorben. Manchmal auch 1000 Menschen an Meningitis, in Ländern, in denen die Krankenhausversorgung eher theoretischer Natur ist, wenn überhaupt.

Es waren vielleicht Epidemien, aber eben nicht Pandemien. Worte können so ungeheuer wichtig sein.

Ich kann nicht beurteilen, ob es der WHO einfach langweilig war, als sie jährlich eine Pandemie ausgerufen hat, oder ob eben durch diesen Ausruf, jährlich eine Pandemie verhindert worden ist. Ich kann nur sagen, dass ich auch Pandemie-müde war.

Die Pandemie ist da. Konkret: die Corona Pandemie.

Und dann kam wirklich der Wolf über uns alle. Aus Unglauben wurde Erstaunen, das sich in Angst und Panik verwandelte. Im Chaos der Unwissenheit, im Wirrwarr der Unklarheit und im Sog der Angst.  

Es ist überhaupt nicht verwunderlich, dass die Regierungen überhaupt nicht, zu spät oder falsch reagiert haben. Denken Sie an die Dörfler in Aesops Geschichte.

Ein einziger kleiner Virus. Nur Nanometer groß, sprengt er das durch die Globalisierung geschaffene weltumspannende wirtschaftliche Netz und bringt unsere wirtschaftliche Prosperität an den Rande des Zerfalls.

Je komplizierter ein System ist, desto anfälliger ist es auch. In Zukunft werden die Anleger mehr darauf achten, dass die Produktions- und Lieferketten nicht über die gesamte Welt verstreut, ja noch nicht einmal in anderen Nachbarländern sind.

Liebe Grüße

Kostas Thomopoulos

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